Gänse: Qualität aus bäuerlicher Haltung

Eine gebratene Gans ist an St. Martin oder Weihnachten in vielen Familien das traditionelle Festessen. Vor allem heimische Weidegänse sind wegen ihrer nachvollziehbaren Herkunft und ihres schmackhaften Fleisches geschätzt. Die Nachfrage wird zu Beginn der diesjährigen Saison von den Marktbeteiligten als „recht lebhaft“ bezeichnet. Anscheinend entscheiden sich wieder mehr Verbraucher für Qualität aus der Region und sind bereit, dafür einen höheren Preis zu bezahlen.


Gänsehaltung

Das Leben von Gänsen, die schon seit Jahrtausenden als Nutztiere gehalten werden, hat sich in den letzten Jahrzehnten dramatisch verändert. Während vor 50 Jahren die Gans noch häufig auf unseren Bauernhöfen beheimatet war und großen Auslauf auf saftigen Wiesen genießen konnte, hat sich dieses Bild mit der neueren Zeit erheblich gewandelt. Von über 200.000 Gänsehaltern im Jahr 1950 sind in Deutschland heute circa 4.500 (2020) übriggeblieben, von denen rund 323.500 Gänse gehalten werden. Es handelt sich demnach überwiegend um kleine und mittlere Betriebsgrößen. Regionale Schwerpunkte lassen sich nicht ausmachen. Der Selbstversorgungsgrad liegt bei rund 14 Prozent, so dass der überwiegende Teil der bei uns erhältlichen Gänse auf großen, rationalisierten Betrieben vorzugsweise im osteuropäischen Ausland gemästet wird.

In Deutschland gibt es 13 verschiedene Gänserassen, die sich in Größe, Farbe sowie in der Lege- und Fleischzuwachsleistung unterscheiden. Bekannte Rassen sind die Diepholzer Gans, die Höckergans, die Emdener Gans und die deutsche Legegans.

Gänse werden für unterschiedliche Zwecke in der Landwirtschaft genutzt. Da die Gans bis zu 60 Eier im Jahr legen kann, ist einer der „Produktionszweige“ die Haltung als Legegans. Mastgänse hingegen werden gehalten, um geschlachtet zu werden. Hier soll das Fleisch verwendet werden. Bei der Gänsemast unterscheidet man zwischen Schnellmast, Intensivmast und Weidemast.

Zur Beurteilung der verschiedenen Mastverfahren sollte man wissen, dass Gänse robuste Weidetiere sind und für ein artgemäßes Leben nicht nur Platz und Auslauf brauchen. Sie gehören zu den Wasservögeln und benötigen für ihre Gefiederpflege und ihr natürliches Verhalten Zugang zu sauberen Wasserstellen. Gänse fressen am liebsten Gras. Erwachsene Tiere nehmen pro Tag etwa 600 bis 1000 Gramm Gras auf.


Schnell- und Intensivmast

Bei der Schnellmast sollen die Tiere innerhalb von zehn Wochen schlachtreif sein. Dazu wird hoch konzentriertes Futter benötigt, welches vorwiegend aus Weizen, Mais, Sojaschrot und Melasse besteht. Die Mast erfolgt in Stallungen von Großbetrieben und ermöglicht ein besonders preiswertes Angebot, das man meist bei Discountern findet.
Die Intensivmast erstreckt sich über 16 Wochen. In den ersten Wochen gibt es handelsübliches Starterfutter, damit die Küken einen großen Körperbau entwickeln, an dem sich später entsprechend Fleisch ansetzen kann. Es folgt eine Weidephase, während der zusätzlich abends im Stall Getreide gegeben wird. Das ist entweder nur Hafer oder eine Mischung aus Hafer, Weizen und Mais. Etwa vier Wochen vor der Schlachtung beginnt die Endmast, die überwiegend im Stall oder mit nur geringem Auslauf erfolgt. Reine Hafermast führt oft zu starkem Verfetten, so dass eher Futtermischungen angeboten werden.

Tiere aus Schnell- und Intensivmast erreichen ein Gewicht von vier bis fünf kg und werden im Handel in der Regel tiefgekühlt angeboten.


Fleischqualität durch Weidemast

!Gaensehaltung
© DLR RLP
Weidemast ist gleichzusetzen mit extensiver, naturnaher Fütterung und Haltung. Gänse aus Weidemast erreichen ein Alter von circa 32 Wochen. Nach fachkundiger Aufzucht der Küken werden die Tiere vom Frühsommer bis zum Spätherbst auf der Weide gehalten.

Gänse leben natürlicherweise fast ausschließlich von pflanzlicher Nahrung, die bei einer guten Weide während des Auslaufes von den Tieren selbst gesucht wird. Daher benötigen sie nur wenig Körnerfutter (z.B. Hafer, Mais, Gerste), Weichfutter (z.B. gekochte Kartoffeln, zerkleinerte rohe Möhren, Getreideschrote, Kleie, Rüben, eingeweichtes Brot) und Grünfutter (z.B. zerkleinerte Brennesseln, Löwenzahn, Luzerne, Salate). Je besser die Weide ist, desto weniger Zufütterung ist erforderlich. Hofeigenes Getreide ist lediglich eine Beigabe.

Bei der Bio-Haltung von Gänsen gibt es weitere Vorschriften. Grundlegende Maßgabe ist die EG-Öko-Verordnung: sie regelt genauestens die Auslaufdauer, -gestaltung und -größe, die maximale Tierzahl je Stall und Freifläche sowie das Mindestschlachtalter der Gänse. Eine artgerechte Haltung stellt demnach nur die lange extensive Weidemast dar, Käfighaltung ist nicht erlaubt. Der Grünauslauf, in dem die Tiere auf natürliche Weise Futter suchen können, muss mindestens 15 m² je Gans betragen. Um intensive Aufzuchtmethoden zu vermeiden, wird das Geflügel entweder bis zum Erreichen eines Mindestalters von 140 Tagen aufgezogen oder es muss von langsam wachsenden Rassen stammen. Kriterien für langsam wachsende Rassen sind festgelegt. Die optimale Herdengröße liegt zwischen 50 und 100 Tieren. Ideal ist die Aufzucht der jungen Tiere im Familienverband mit Elternvögeln. Der Zugang zu einem Bach, Teich, See oder Wasserbecken muss den Tieren zur Ausübung ihrer Gefiederpflege ermöglicht werden. Wesentlich striktere Haltungsrichtlinien der Gänse fordern Bio-Zertifizierungen wie Demeter, Bioland oder Naturland.

Weidegänse erreichen ein Endgewicht von fünf bis acht Kiliogramm. Durch die langsame Mast und ständige Bewegung bilden Weidegänse ein festes, aber feinfaseriges und sehr aromatisches Muskelfleisch mit leichter Fettabdeckung, welches beim Braten kaum schrumpft und austrocknet. Es ist ein deutlicher Geschmacksunterschied und eine bessere Fleischkonsistenz im Vergleich zu den Produkten aus den wesentlich kürzeren Mastverfahren wahrzunehmen. Das Fleisch zeichnet sich außerdem durch besonders niedrigen Bratverlust aus, das bedeutet „mehr Gans“ in der Pfanne nach dem Braten.


Einkauf: Frisch oder abgepackt

Das Gelingen des Festmahls beginnt mit dem Einkauf. Eine frische Gans kauft man am besten direkt beim Erzeuger auf einem Geflügelhof, dem Wochenmarkt oder bei einem landwirtschaftlichen Direktvermarkter evtl. auf Vorbestellung.

Muss man auf eine abgepackte Gans aus der Tiefkühltheke zurückgreifen, erhält man kaum Informationen zur Haltung. Zwar muss Geflügelfleisch gekennzeichnet sein, genannt werden müssen zum Beispiel die Geflügelart und der Name des Herstellers oder Schlachtbetriebes, aber für die Haltungsform gilt das nicht. Auskünfte über die Art der Geflügelhaltung sind für die Hersteller nach EU-weit definierten Vorgaben freiwillig. Oft täuschen Bilder von idyllischen Bauernhöfen oder Bezeichnungen wie 'vom Bauernhof' oder 'Landgans' vor, dass die Tiere aus artgerechter Tierhaltung kommen. Tatsächlich sagen diese allgemeinen Begriffe nichts über die Qualität und Produktion aus.

Eine Orientierung bietet das freiwillige, unabhängig kontrollierte Herkunftssicherungssystem. D/D/D garantiert zum Beispiel, dass Geburt, Mast und Schlachtung des Geflügels in Deutschland stattgefunden haben. Über Fütterung und Haltung informiert das Siegel jedoch nicht. Außerdem fehlen Kontrollen dieser freiwilligen Angaben. Dagegen stehen die gesetzlich geschützten Kennzeichnungen 'Freilandhaltung', 'bäuerliche Freilandhaltung' oder 'ökologische Tierhaltung' für eine artgerechte Aufzucht der Gänse.

Bei ganzen Gänsen sowie Teilstücken, die aus Ungarn und Frankreich kommen, kann mit Zwangsmast zur Fettlebererzeugung gerechnet werden. Denn ohne Angaben der Haltungsform muss diese tierquälerische Fütterung nicht deklariert werden. Auch dass die Tiere lebend gerupft werden für die Daunengewinnung, muss nicht genannt werden. Diese schmerzhafte Methode ist in Deutschland verboten, kann in einigen EU-Ländern dagegen noch angewendet werden.

Zwischen tiefgekühlter und frischer Ware bestehen oftmals große Preisunterschiede. Doch in Hinblick auf Haltungsbedingungen und Genuss kann die im Vergleich teurere, frische Gans überzeugen. Gerade zum Festtag lohnt es sich, eine frische Gans bei einem Direktvermarkter aus der Region zu kaufen.


Zubereitung

Eine Gans reicht für sechs bis acht Personen. An die Zubereitung kann man sich ruhig herantrauen! Es ist gar nicht so aufwändig.

Damit das edle Fleisch ein Gaumenschmaus wird, sind einige Tipps zu beachten:
  • Beigefügte Innereien herausnehmen, Flügelspitzen abschneiden (können später für die Soße verwendet werden).
  • Haut auf Federkiele kontrollieren und diese herauszupfen.
  • Bauchraum mit Salz, Pfeffer, Majoran und Beifuß würzen.
  • Füllung hinein geben, klassischerweise Obst (Äpfel, Pflaumen, Maronen) und Zwiebeln. Auch neue Kreationen sind interessant, z.B. Kürbis und Ingwer.
  • Öffnung mit Zahnstochern und Küchengarn verschließen, Keulen locker zusammenbinden.
  • Die Haut seitlich und hinter den Keulen einpieksen, damit das Fett ablaufen kann.
  • Backofen auf 180 Grad vorheizen, Gans zunächst mit der Brustseite nach unten in die Saftpfanne legen, etwas Wasser angießen, nach ca. 2 Stunden wenden, gelegentlich mit dem entstehenden Fond begießen.
  • Faustzahl für die Garzeit: 1 Stunde je Kilogramm.
  • Die Haut der Gans ca. 20 Minuten vor Garende mit Salzwasser (1 Teelöffel Salz auf 1/8 l Wasser) und einer Marinade einstreichen, z.B. Rosmarin-Honig, Senf-Honig-Mix und bei 200 Grad weiterschmoren - solange, bis sie knusprig braun ist.

Da der Bratensaft sehr fettreich ist, setzt man die Sauce am besten separat aus den abgeschnittenen Flügelspitzen und Innereien wie Hals und Magen mit etwas Suppengemüse an.

In der Regel bleiben auch beim Festmahl Reste. Damit von dem teuren Tier alles verwertet wird, kann man aus Fleischresten einen Salat, ein Ragout oder ein Reisgericht zubereiten. Die Knochen können als Grundlage für eine Suppe oder Eintopfgericht ausgekocht werden.


Quellen und weiterführende Informationen


ernaehrungsberatung@dlr.rlp.de     www.fze.rlp.de/ernaehrungsberatung